Exklusiv: Ehemaliger FBI-Informant über Russlands Sicht auf Trump
Feiert Wladimir Putin den Ausgang der US-Wahl? Ein kurzes Gespräch über das Weltbild zweier Präsidenten und warum es womöglich gar keine Manipulation mehr von russischer Seite braucht.
Liebe Leserinnen und Leser,
was denken sich wohl Historikerinnen und Historiker über den Ausgang der US-Wahl? Vor genau 30 Jahren schrieb der Geschichts-Professor Charlie Maier ein Essay im renommierten Foreign Affairs Magazin mit der Überschrift “Democracy and its Discontents.” Darin identifizierte Maier weniger eine politische oder wirtschaftliche Krise, sondern vielmehr eine moralische Krise. Das Essay ist heute so relevant wie im Jahr 1994.
Im heutigen Newsletter geht es allerdings eher um moderne Geschichte und die Frage, wie der Wahlsieg von Donald Trump vom russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefasst wurde. Darüber habe ich mit jemandem gesprochen, der sich gut mit Russland auskennt: Igor Danchenko, geboren 1978 in der ehemaligen Sowjetunion. Heute lebt er in den USA und arbeitete jahrelang als Informant für das FBI. Danchenko, der in den vergangenen Jahren eine kontroverse und persönlich einschneidende Geschichte erlebte, wurde von FBI-Agenten als “vorbildlicher” Informant bezeichnet. Er habe “die Art und Weise, wie die USA Bedrohungen überhaupt wahrnehmen, neu geprägt.”
Seine vielleicht wichtigste Botschaft im Interview: Muss Wladimir Putin Donald Trump überhaupt noch manipulieren, wenn das Weltbild des neuen (und alten) US-Präsidenten ohnehin immer näher an das von Putin heranrückt?
Ich freue mich über eure Rückmeldungen und wünsche einen guten Start in die Woche!
Philipp Sandmann
Interview mit Igor Danchenko
Wie wird der Wahlsieg Donald Trumps von Wladimir Putin und den Menschen in Russland wahrgenommen?
Igor Danchenko: Damals, im Jahr 2016, da feierten Russen aus allen Gesellschaftsschichten seinen Sieg. Konservative und sogar einige Liberale. Diesmal sind die Russen da etwas vorsichtiger.
Aber ich möchte etwas betonen, was viele Menschen womöglich nicht auf den ersten Blick erkennen: Die russische Führung entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten mit Trump. Ursprünglich dachte man, man müsse Trump manipulieren, und das hat die russische Führung in gewissem Maße auch getan und sie werden das womöglich auch weiterhin tun. Aber eigentlich muss man jemanden gar nicht manipulieren, wenn seine Weltanschauung oder sein Weltbild dem eigenen ohnehin schon ähnelt. In dem Sinne denke ich, dass die Weltanschauung von Trump und der republikanischen Partei immer mehr an die Weltanschauung Putins heranrückt. Trump ist bequem für Putin. Unberechenbar, ja, aber er ist eine sehr bequeme Figur für Moskau.
Hoffen die Russen jetzt auf ein schnelles Ende des Kriegs in der Ukraine?
Danchenko: Jeden Tag, jede Woche, wenn es sich um eine große Region handelt, gibt es ein Begräbnis und einen Gedenkgottesdienst für einen Soldaten in Russland. Das zermürbt die russische Gesellschaft. Russland sucht zunehmend verzweifelt nach einem Ausweg aus diesem Konflikt. Trump könnte Russland diesen Ausweg aufzeichnen.
Wie sieht es mit einem Ende der Sanktionen aus?
Danchenko: Die Sanktionen treffen Russland vielleicht nicht so stark, aber die Inflation ist hoch und die Zinsen sind hoch. Es gibt eine wachsende Kriegsmüdigkeit in Russland.
Wenn Trump seine Pläne vorstellt, besteht meiner Meinung nach die Erwartung, dass bestimmte Sanktionen aufgehoben werden und der Handel wieder in Gang kommt. All das schafft eine Art freudige Atmosphäre in Moskau. Es ist nur so, dass die Menschen es diesmal nicht so sehr zeigen.
Vielen Dank für das Gespräch Igor Danchenko.
Inflation ist hoch und die Zinsen sind hoch. Es gibt eine wachsende Kriegsmüdigkeit
Da fände ich wichtig, etwas präzisere Info nachzuholen
Erstaunlich, wie du an die Quelle gekommen bist.
Keep on rocking!
Vielleicht interessiert deinen Newsletter auch mein Schwiegersohn in Hamburg: Justus Schmidt: justusschmidt@me.com
Kannst dich auf mich beziehen bitte
Wir sind auf dem Weg nach ARLES und grüßen herzlich! T & N